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Das Soldatengrab am Kalvarienberg

Im Frühjahr/Sommer 1945, wenige Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde in Pfreimd ein junger deutscher Soldat getötet. Angeblich wurde er von Fremdarbeitern bzw. ehemaligen Kriegsgefangenen als Wachmann eines KZ erkannt und deswegen umgebracht. Seine Leiche wurde am Kalvarienberg begraben. In Gesprächen mit Zeitzeugen haben die Autoren versucht, die Geschichte dieses Soldatengrabes zu erforschen. Die nachfolgende Darstellung beschreibt den letzten Lebenstag des Mannes nach dem derzeitigen Kenntnisstand. Ergänzende Hinweise zur Fortschreibung werden gerne entgegengenommen.

Der Leidensweg des Mannes begann im Schloßhof hinter der Kirche. Hilde Hoffmann, geb. Kirchberger, war damals ein Mädchen im Alter von 19 Jahren und wohnte mit ihren Eltern im Schloßhof. Im Gespräch erinnerte sie sich an folgende Beobachtungen:

"Es wurden laufend gefangene Soldaten in den Schloßhof gebracht und im Rathaus in dem Raum untergebracht, den vor Kriegsende der Bund Deutscher Mädchen für seine Zusammenkünfte genutzt hat. Die Soldaten wurden regelmäßig auf Lastwagen verladen und abtransportiert. Eines schönen Tages - wir waren damals jüngere Mädchen und sind vom Nachbarn bis zu uns gerannt, obwohl wir das gar nicht gedurft hätten - sehen wir draußen einen Soldaten, der bei glühender Hitze den ganzen Tag ein Auto der amerikanischen Truppen putzen mußte. Zu diesem Zeitpunkt trug er auch noch eine Erkennungsmarke. Irgendwann an diesem Tag kam eine Gruppe Polen in den Schloßhof. Einer von ihnen hatte ein Fahrrad. Das sehe ich heute noch vor mir. Hinten hat er mords Gepäck drauf gehabt. Als er den Soldaten gesehen hat, hat er angehalten und gesagt: `Dich kenn' ich! Du warst im Konzentrationslager'. Er versetzte ihm einen kräftigen Schlag ins Gesicht und schrie ihn an: `Dich bring' ich um, Dir reiß' ich heut' noch die Zunge raus!'. Die Polen wollten auch die Stiefel des Deutschen haben, die ganz neu waren. Die Gruppe entfernte sich zunächst aber wieder, der Soldat mußte weiter das Kfz reinigen. Nach einiger Zeit kehrten die Polen zusammen mit amerikanischen Offizieren zurück. Der bereits oben erwähnte Mann drohte dem Deutschen erneut: `Dich bringe ich um!'. Der Soldat flüchtete um das Fahrzeug, das er putzen mußte, und suchte Schutz bei den Amerikanern. Diese aber kümmerten sich nicht weiter um den Vorfall.

Wieder entfernte sich die Gruppe der Polen, um nach einiger Zeit ein drittes Mal zurückzukommen. Erneut gingen sie auf den Soldaten los. Sie packten ihn und schleppten ihn ins Rathaus in eine dort untergebrachte Arrestzelle.

Vom Fenster eines Nachbargebäudes aus verfolgten wir das weitere Geschehen. Wir hörten den Soldaten jämmerlich schreien. Nach einiger Zeit herrschte völlige Ruhe. `Jetzt haben sie ihn umgebracht', sagten wir unter-einander. In der Abenddämmerung kam ein amerikanischer Jeep mit mehreren Besen, vermutlich, um das Blut zu beseitigen.

Etwas später wankte der deutsche Soldat blutverkrustet, im Unterhemd und ohne Stiefel aus dem Haus. Er wurde von US-Soldaten auf einen Jeep verladen und weggebracht."
Dieser Jeep fuhr vermutlich direkt zum Kalvarienberg. Dort spielte zu diesem Zeitpunkt Willibald Enders, damals sieben Jahre alt, mit einem Flüchtlingsbuben. Als sie einen Jeep kommen hörten, versteckten sie sich im Gebüsch. "Der Jeep hat gehalten, und kurz darauf hat es zwei- oder dreimal gekracht", erinnert sich Willibald Enders im Gespräch. "Wir haben die Schüsse gehört und einen Schrei und dann sind wir heimgelaufen."

Am nächsten Tag trieb die Neugier die Buben wieder zum Kalvarienberg. Sie fanden eine Blutlache und in einiger Entfernung davon ein Grab. Der Soldat war am Kalvarienberg getötet worden.
Nach den obigen Schilderungen von Frau Hoffmann kann davon ausgegangen werden, daß die US-Soldaten dem deutschen Soldaten keine Überlebenschancen mehr einräumten und ihn deswegen töteten. In Pfreimd wird in diesem Zusammenhang auch erzählt, daß die Polen dem Deutschen die Zunge herausgerissen hätten. Möglicherweise wollten die US-Amerikaner durch die Erschießung und schnelle Beerdigung des Mannes auch eventuellen Konsequenzen von seiten ihrer Vorgesetzten aus dem Weg gehen. Nach dem heutigen Kenntnisstand wurde auch keine Erkennungsmarke des deutschen Soldaten gefunden.
Nicht gesichert ist auch das Datum dieses Vorfalls. Nach der Erinnerung von Willibald Enders und Hilde Hoffmann ist der Soldat am 24. April 1945 erschossen worden. Die "glühende Hitze", an die sich Frau Hoffmann erinnert, deutet darauf hin, daß der Vorfall sich auch zu einem späteren Zeitpunkt im Sommer ereignet haben könnte. Unstrittig ist das Jahr 1945.
Das Grab des unbekannten Soldaten wurde lange Zeit gepflegt. Nach den Erinnerungen von Frau Hoffmann hat sich unmittelbar nach der Erschießung eine ehemalige Flüchtlingsfrau (Frau Gregor) des Grabes angenommen. In späterer Zeit wurde das Grab auch von Frau Friedl gepflegt.
Unklar ist bis heute, wie lange der Soldat in dem Grab am Kalvarienberg begraben war. Nach den Erinnerungen von Willibald Enders ist die Leiche möglicherweise noch 1945 exhumiert und in einen Soldatenfriedhof umgebettet worden. Josef Igl glaubt, sich an eine Umbettung in den 40er oder 50er Jahren erinnern zu können. Anderen Aussagen zufolge fand die Umbettung erst in den 60er oder 70er Jahren statt. Im Archiv und der Registratur der Stadt Pfreimd konnten bislang allerdings keine Unterlagen darüber gefunden werden.*)

26. Mai 1996: Obwohl der Soldat nicht mehr am Kalvarienberg ruht, ist sein Grab noch immer gut sichtbar. Es scheint auch manchmal gepflegt zu werden. Es liegen mehrere Steinkreuze, sauber ausgerichtet auf dem Grabhügel. Die Kreuze stammen von den Kreuzwegstationen. Auch der Weg zum Grab ist ausgetreten und deutet auf öfteren Besuch hin.

von Günther Friedl, Richard Tischler

*) Nach Auskunft des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. v. 15.06.2004 wurde am 19.09.1955 ein unbekannter deutscher Soldat zur Kriegsstätte Hofkirchen in Niederbayern umgebettet.
Der unbekannte Soldat war in einem Feldgrab am Kalvarienberg in Nähe der Baustelle der neuen Kaserne Pfreimd bestattet. Das Grab war noch bis 1971 erkennbar und mit einem verwitterten Holzkreuz geschmückt mit der Aufschrift "zum Andenken an einen Unbekannten". Der Gefallene selbst war aber bereits 1955 umgebettet nach Hofkirchen. Die Kriegsgräberstätte Hofkirchen gehört zu den größten in Bayern.

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