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Der letzte Kriegstag in Pfreimd

im Spiegel der Klosterchronik

v. Pater Sigismund Keck (verst. 1965)

Der Russe steht im Herzen Deutschlands. Der Anglo-Amerikaner rüstet sich zur letzten Offensive! Immer näher rückt der Krieg nach Pfreimd (...) Elend über Elend, das ist das Ergebnis einer zwölfjährigen Naziregierung. (...)

Nun ging es Schlag auf Schlag! (...)Auto an Auto flüchtender Nazibeamter und Bonzen durchfuhren Pfreimd. Vom 12./13. 4. übernachteten zwei Reichspostbeamte aus der Nähe Wiesbadens. Regellose Haufen deutschen Militärs durchzogen unsere Stadt, alles fliehend vor dem Feind aus Ost und West. Die Front bricht überall zusammen, aber gekämpft soll werden bis zum letzten Deutschen für die Partei. (...)

Am 17.4. früh 1/2 4 Uhr schwerer Fliegerangriff auf Schwandorf, der 60 - 70% der Stadt zerstörte, darunter die Kreuzbergkirche und mein Elternhaus. Letzteres wurde von einem Volltreffer getroffen gerade an der Ecke, wo unser Hausaltärchen stand. Das Haus wurde völlig aufgerissen, das Hausaltärchen stand auf halber Höhe im Bombentrichter mit der Front zur Straße. Unbeschädigt stand die Muttergottesstatue in der Nische, die hl. Franziskus- und Antoniusstatuen völlig unversehrt. Im Keller blieben sechs Angehörige unverletzt, während es in den Nachbarhäusern viele Tote gab. Maria hat geholfen! (...)

Am 18.April kam Fr. Josaphat hier an, um nach Eger einzurücken. Da der Eisenbahnverkehr völlig lahmgelegt war, der Marsch zu Fuß zu beschwerlich, hielt ich ihn fest. Er arbeitete im Garten, während mit jedem Tag der Angloamerikaner näher kam. Vom 19. bis 20. waren ein Polizeimeister und Polizeiarzt einquartiert, die an der Lage völlig verzweifelten. Noch war vom 20. - 22. 4. früh 3.30 der Chauffeur einer Heeresstreife einquartiert. In Pfreimd sammelten sich immer mehr Truppen, Tag und Nacht fluteten fliehende Kolonnen durch Pfreimd. Ein Teil des OB West ist in Pfreimd unter-gebracht, ein fliegendes Standgericht war einquartiert, Kanonendonner drang immer näher, die feindliche Fliegertätigkeit steigerte sich immer mehr, Zeichen der Auflösung allüberall, die Partei hört auf tatsächlich zu bestehen, alle Parteistellen bekommen Auftrag, alles Schriftliche zu verbrennen, alle Uniformen zu vernichten, die Parteiabzeichen verschwinden zu lassen, die Parteischilder zu entfernen, Parteibeamte sich zur Flucht vorzubereiten oder bis zum Letzten zu kämpfen. Letzteres hat aber keiner befolgt, sie verschwinden lieber. Aber der Soldat soll kämpfen bis zur letzten Patrone. SS Männer beziehen Quartiere, um uns den "Heldenkampf" vorzuleben, aber auch sie reissen aus, als die Gefahr herankommt. (...)

Der 22. April bricht an. Nach fast sommerlichen Aprilwochen ein Wettersturz, kalt, regnerisch stellt er sich ein. Gerüchte über Gerüchte durcheilen die Stadt. Alles packt ein. (...) Viele nächtigten bereits in den Wäldern. Auf dem Marktplatz stand ein Flakgeschütz. Unruhe, Angst, Furcht steigern sich. (...) Immer wieder kommen Leute mit der erregten Frage: "Was tun?" "Einpacken wegen Feuersgefahr, aber unbedingt bleiben!", war immer meine gleiche Antwort.

Die SS hatte ein Pakgeschütz auf dem Stadtplatz aufgefahren, beherzte Männer haben es weggeräumt. Ungarn, die seit einer Woche in der Nähe von Pfreimd lagerten, hatten an den Straßen Gruben zum Abfeuern von Panzerfäusten ausgehoben, haben am südl. Ausgang des Ortes eine Panzersperre errichtet, ein MG in Stellung an der Hütgasse (=Hirtenstraße), etliche 30 Mann lagen in Stellung an der Wernberger Straße und dem Söllitzer Weg. Da hieß es: In Wernberg brennt es, die Amerikaner ziehen nach Pfreimd. Alles lief in die Häuser. Ich nahm das Sanctissimum aus dem Tabernakel und trug es in den Färberei Raum der Tuchmacherei, wo sich der Konvent versammelte. Wir Patres beteten die Vesper, als beim Magnificat fürchterliches Prasseln der MG über unsere Nordfront schlug - es war ca. 4.30 -, ein dumpfer Schlag, unser Turm ist von einer Panzergranate getroffen, im Prägarten schlugen Flammen hoch, wir beteten das Confiteor, (...) Wir hören einzelnes MG-Feuer, die Panzer rollen über die Brücke, die deutschen Gefangenen werden unter amerikanischer Bewachung in den Hof des Ausgeherinnenhauses gebracht. Sofortige Nachschau im Haus ergibt Gott sei Dank: Kein Brand, mehrere Spuren von MG Geschossen im Hause. Unterdessen warten wir bangend auf ein ev. Luftbombardement, da von deutscher Seite versucht wurde, die Stadt zu verteidigen.

Unterdessen hat der Bürgermeister die Stadt übergeben, wovon wir nichts wissen. Endlich gegen 6 Uhr schaute ich zur Pforte hinaus, Amerikaner stehen vor dem Kirchplatz, die uns überraschend doch bald freundlich anblicken. Die Straßen der Stadt waren weiß beflaggt. Jetzt erst stecken wir zum Kirchendache die weiß gelbe Flagge hinaus. Beim Rundgang durch die Stadt freudige (!!) Gesichter. Aufgeatmet haben wir alle. (...) Am Abend des Sonntags mußten mehrere Häuser geräumt werden, darunter auch die Schwane. Um 8 Uhr mußten die Straßen geräumt werden. Bis Mitternacht rollen Panzer und Autos durch die Stadt.

Am Montag (dem 23. 4.) wird als Erstes verkündet die Ausgehzeit von 8–10 Uhr vorm. und 4 - 6 nachm. Alle Waffen und Munition müssen abgeliefert werden. Die nächsten Tage waren ruhig, bis die Russen zu plündern anfingen, Geschäft um Geschäft wurde ausgeraubt, die Amerikaner ließen sie gewähren. "Ihr habt es in Frankreich auch nicht anders gemacht!" Lähmender Schrecken, heillose Angst. (...) Die Plünderung durch die Russen (geht) weiter, allen voran die russischen Arbeiter und wieder voran die russischen Weiber. Sie hausten vandalisch. Die Schwane wurde furchtbar mitgenommen und ausgeraubt. Täglich zogen neue Scharen russischer Kriegsgefangener durch, die die Bevölkerung in ängstlicher Spannung hielten.
Fotoapparate und Ferngläser werden eingezogen. Alle, die in diesem Kriege Soldaten waren und keine Entlassungspapiere in Händen hatten, mußten sich melden und werden abtransportiert. Sie sollen von den Amerikanern keineswegs schonend behandelt worden sein. Auch eine Lüge: Zuerst fordern sie die Soldaten auf die Waffen wegzuwerfen und der Krieg sei für sie vorbei und dann diese Behandlung! (...) Die Gefangenenlager Bad Kreuznach und Dietersheim sind zum bleibenden Schandfleck der siegreichen Amerikaner (geworden), die in diesen Lagern nun 1000e unserer armen Landser durch Hunger und Seuchen zugrunde gehen ließen ...

Die Russen werden in der Schule einquartiert und ihre Räume müssen zuerst von Mädeln, dann von Männern gereinigt werden. Die Stadt sorgt für die Verpflegung, sodaß es etwas ruhiger wurde in der Stadt. (...)

Die Ausgangszeit wird erweitert von 6 Uhr früh bis 9 Uhr abends. Häuser müssen geräumt werden für die Besatzung. Wieder sind es Häuser, in denen keine Nazi gewohnt haben. Die Nazi bleiben in ihren Häusern sitzen. Wo die Russen nicht zerstören und plündern, tun es die Amerikaner. Die Schwane muß wieder völlig räumen. Gegen die Russen treten auch die Amerikaner solange nicht auf, bis in der Nähe von Brudersdorf zwei Amerikaner von den Russen getötet werden. In kürzester Zeit sind sämtliche Russen aus unserer Gegend abtransportiert. (...) So mußte erst die Brudersdorfer Affäre kommen, um uns von der Russenplage zu befreien. Unterdessen wurden unsere Bauern regelrecht ausgeplündert.

Die Amerikaner erfahren, daß verschiedene Häftlinge vom Konzentrationslager Flossenbürg vor der Besetzung nach Süden getrieben wurden. Viele dieser armen Menschen wurden auf dem Wege umgelegt und vergraben. (...)

In den Wäldern um Pfreimd wird nach SS Männern gesucht. Es sollen ca. 50 Mann zusammen gefangen worden sein.

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